10. Juli 2011

Saudi-Arabien: Human Rights Watch gegen deutsche Panzerlieferung

Human Rights Watch hat eine Stellungnahme gegen die geplante Lieferung von 200 Leopard 2-Panzer an Saudi-Arabien veröffentlicht.

Deutschland/Saudi-Arabien: Kein Ausverkauf bei Menschenrechten

Bundeskanzlerin Angela Merkel soll überdenken, welche politischen Signale ihre Regierung an Saudi-Arabien mit dem Verkauf von 200 in Deutschland gebauten Panzern an das Königreich sendet, bevor sie dem Geschäft zustimmt, so Human Rights Watch heute. Saudi-Arabien verfügt über eine miserabele Menschenrechtsbilanz und hat Truppen zur Unterdrückung der dortigen Demokratiebewegung nach Bahrain entsandt.

Saudi-Arabien gehört zu den wenigen Ländern der Region, deren Regierungen im Zuge der Volksaufstände in benachbarten Ländern seit Anfang des Jahres keinerlei Menschenrechtsreformen in Gang gebracht haben. Bundeskanzlerin Merkel sollte klar und unmissverständlich ihre Bedenken über die Menschenrechtsbilanz von Saudi Arabien und seiner Rolle im benachbarten Bahrain öffentlich zum Ausdruck bringen.

Die deutsche Regierung sollte als Minimalbedingung von der saudischen Regierung verifizierbare Garantien einforderen, dass die Militärausrüstung, die Deutschland dorthin exportiert, nicht unter Verletzung der internationalen Menschenrechte oder des Völkerrechts verwendet wird, so Human Rights Watch.

"Als saudische Panzer nach Bahrain einrollten, markierte dies den Beginn der Niederschlagung der friedlichen Demokratiebewegung", so Christoph Wilcke, Saudi-Arabien-Experte bei Human Rights Watch. "Angesichts der derzeitigen Lage könnten saudische Reformer den Verkauf deutscher Panzer an Saudi-Arabien ohne weiteres als deutsche Militärhilfe für repressive Regime auffassen."
 
Innenpolitisch erstickt die saudische Regierung jede reformerische Regung bereits im Keim. Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsproblemen in dem Königreich gehören:
  • Die Regierung verbietet alle Formen des friedlichen Protests. Anfang März 2011 wurde das Verbot von ranghohen Geistlichen der Regierung und Vertretern des Innenministeriums erneuert. Bis Mai wurden mehr als 160 Demonstranten verhaftet. Am 3. Juli nahmen saudische Sicherheitskräfte 14 Frauen und fünf Kinder fest, die vor dem Innenministerium in Riad friedlich dafür demonstrierten hatten, dass ihre seit Jahren ohne Anklage oder Gerichtsverfahren inhaftierten Angehörigen freigelassen oder einem Richter vorgeführt werden.
  • In Saudi-Arabien gibt es kein Gesetz, das die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen regelt. Menschenrechtler, die bei der Regierung die Anerkennung solcher Gruppen beantragten, erhielten keine Rückmeldung. Die Regierung behandelt Kritiker häufig wie Kriminelle. Shaikh Mikhlif bin Dahham al-Shammari, ein saudischer Menschenrechtler, wird seit Juni 2010 unter der fragwürdigen Anklage festgehalten, er habe "andere belästigt", indem er Ansichten wahhabitischer Hardliner kritisierte, die sich gegen schiitische Saudis richteten.
  • In Saudi-Arabien gibt es keine politischen Parteien. Im Februar bereitete eine Gruppe von Reformaktivisten die Gründung der ersten saudischen Partei vor; die meisten Mitglieder der geplanten "Partei der Islamischen Nation" wurden jedoch von der Geheimpolizei verhaftet.
  • Saudi-Arabien schränkt die Meinungsfreiheit in erheblichem Maße ein. Im Januar wurde eine Verordnung über elektronische Publikationen erlassen, die praktisch alle elektronisch verbreiteten Nachrichten und Kommentare dem repressiven saudischen Pressegesetz unterwirft. Die Verordnung verpflichtet zudem jeden, der derartige Nachrichten im Internet veröffentlicht, einen Presselizenz zu beantragen und sich an weit gefasste Einschränkungen bezüglich des Inhalts der Beiträge zu halten, etwa an die Verpflichtung, islamisches Recht zu befolgen, und an Verbote, Dritte zu "kränken" oder die Wirtschaft oder Sicherheit des Landes zu "kompromittieren".
  • Saudi-Arabien diskriminiert Frauen systematisch. Das weltweit einzigartige Fahrverbot für Frauen ist nur ein Beispiel für die Unterdrückung von Frauen, die auf den verschiedensten Gebieten stattfindet. Am 22. Mai ließen die saudischen Behörden Manal al-Sharif verhaften, weil sie Auto gefahren war. Bis Ende Juni wurden mindestens sieben weitere Frauen inhaftiert, die es gewagt hatten, sich ans Steuer zu setzen.
Ein jüngeres Beispiel für die Art der saudischen Regierung, mit friedlichem Protest umzugehen, ist der 11. März 2011, der Tag für den Oppositionelle im Internet zu Straßenprotesten aufgerufen hatten. Die Regierung ließ in Riad und anderen Städten in massivem Umfang Sicherheitskräfte aufmarschieren. Ein einsamer Demonstrant, Khalid al-Juhani, erschien in Riad und sprach mit der BBC über seinen Wunsch nach Meinungsfreiheit und Demokratie. Er wurde auf dem Nachhauseweg verhaftet und wurde mehr als zwei Monate lang in Einzelhaft gesperrt. Al-Juhani befindet sich weiter in Haft und wurde wegen "Unterstützung von Demonstrationen und Gesprächen mit ausländischen Medien" angeklagt.

"Saudi Arabien hat die Bemühungen einheimischer Reformer, Demokratie und einen besseren Schutz der Menschenrechte zu erkämpfen, wieder und wieder niedergeschlagen", so Wilcke. "Panzer zu verkaufen und gleichzeitig über Menschenrechtsverletzungen hinwegzusehen ist das falsche Signal, insbesondere im Hinblick auf die Versprechen europäischer Staats- und Regierungschefs gegenüber den Demokratiebewegungen im Nahen Osten, eine neue unterstützende Haltung einzunehmen."

Syrien: Nein zum "Dialog"! Hama trotzt den Angriffen des Regimes.

Dieser Freitag hatte das Motto: "Nein zum Dialog!" Und was soll das für ein Dialog sein, in dem die eine Seite auf die andere permanent schießt und mordet? So gingen die Menschen wieder auf die Straße. Und erneut waren es nicht weniger. Und auch wenn es über 20 Menschenleben gekostet hat, trotzt die Stadt Hama dem Regime. Ungeachtet der Angriffe des Regimes, die unter der Woche stattfanden, versammelten sich Hunderttausende auf dem Uhrenplatz. Die Stadt bleibt für das Regime verloren. "Das Assad-Regime ist in Hama am Ende" bekamen die wenigen ausländische Beobachter immer wieder zu hören.

Gestern teilten die Bewohner Hamas in einer Erklärung mit, sie würden ihren zivilen Ungehorsam weiter fortsetzen, bis folgende Forderungen erfüllt seien:
  1. Ende der Belagerung der Stadt, Abzug der Armee, Rückzug der Sicherheitskräfte, der Milizen und der Vertreter der libanesischen Partei Hizbollah aus der Stadt
  2. Rückkehr des Bürgermeisters Ahmad Khaled Abd Elaziz in sein Amt
  3. Ausweisung von Mohammed Mefleh, Chef der militätischen Sicherheit aus der Stadt aufgrund seiner Verantwortung für das Massaker, das in der Stadt angerichtet wurde.
  4. Freilassung aller etwa 1320 Inhaftierten
  5. Einstellung der Verfolgung der Protestierenden
Sie betonen, dass dies nicht die Forderungen der syrischen Revolution sind (auch wenn sie ein Teil davon sind) und das Ziel eines Wandel des politischen Systems weiter bestehen bleibt.