12. Juni 2011

Syrien: Während er das Volk töten lässt, traut sich Bashar Assad nicht mal ans Telefon

Auch diesen Freitag sah Syrien Demonstrationen allerorten. Und es waren mindestens genauso viele auf den Straßen wie am vorherigen Freitag. In und um Damaskus gab es mindestens zwölf Demonstrationen. Erstmals wurde auch mitten in Damaskus, im Stadtteil Midan, geschossen. In den Parolen wurde häufig Solidarität mit der Stadt Jisr Al-Shugur bekundet.

Nach tagelangem Aufmarsch und Angriffe auf umgebende Dörfer und Kleinstädte hat die syrische Armee am Sonnabend dann den befürchteten Angriff auf Jisr Al-Shugur begonnen. Seit den frühen Morgenstunden wurde die Stadt beschossen. Am heutigen Sonntag sind die Streitkräfte des Regimes wohl nun einmarschiert.

Die Berichte der Flüchtenden klingen als ob eine fremde Armee in ein feindliches Land einfällt und es verheeren will: Panzer beschießen Wohnhäuser, Felder und Olivenhaine werden verbrannt, Hubschrauber überfliegen die Gegend und schießen wahllos auf Menschen. Und wer kann, flieht vor der Soldateska. Hier führt jemand erbarmungslos Krieg. Aber es ist das eigene Regime, das gegen das Volk vorgeht.

Aber es ist nicht das erste Mal, dass die syrische Armee gegen eine Stadt vorgeht. Daraa und Talkalakh sind nur die prominentesten Beispiele dafür. Aber auch Hama, Homs, Latakia, Banyas, Idlib, Jablah, Rastan, Jassim, Darayya und Al Tal sahen und sehen den Einsatz von Militär gegen eine Zivilbevölkerung, die nur ihre demokratischen Rechte einfordert. Auch in diesen Städten wurde bewusst ökonomischer Schaden angerichtet, Geschäfte und Wohnungen geplündert. In und um Jisr Al-Shugur scheint nun ein ganzer Landstrich betroffen zu sein.

Die Zahl der Todesopfer, die diese Militäraktion im Norden Syriens bisher gefordert hat, ist unklar. Bis gestern soll es 50 Tote gegeben haben, aber es ist zu befürchten, dass die Zahlen noch steigen werden, zumal von "anhaltenden Kämpfen" die Rede ist. Dabei sind wohl desertierte Soldaten beteiligt, die versuchen, die Angreifer zu stoppen. Wobei ihnen klar sein wird, dass sie dabei sterben werden, zu groß ist die Übermacht. Aber es gibt mehr und mehr Soldaten, die ihren Auftrag, das Volk zu schützen, ernst nehmen und lieber sterben als auf unbewaffnete Zivilisten zu schießen. Doch noch sind sie in eine verschwindend kleine Minderheit.

Während das Volk trotz aller Repression täglich auf die Straße geht und die Menschen dabei ihr Leben riskieren, traut sich Bashar al-Assad nicht mal ans Telefon. Zweimal hat der UN-Generalsekretär versucht, den Präsdidenten Syriens zu erreichen, beide Male war der "Führer Arabiens" für den Ban Ki Moon nicht zu sprechen. Man könnte fast meinen: Je mutiger das Volk, desto feiger der Tyrann.