27. Februar 2011

Libyen: Nationaler Libyscher Rat in Benghazi gebildet

In Benghazi hat sich ein "Nationaler Libyscher Rat" gebildet. Ziel des Rates sei es, "der Revolution ein Gesicht zu geben", sagte Hafiz Ghoga, der Sprecher des Rates. Er betonte, beim dem Rat handele es sich nicht um eine Übergangsregierung. "Wir werden den anderen libyschen Städten, insbesondere Trioplis, helfen sich zu befreien." Jede Stadt hat fünf Vertreter in dem Rat. Sobald eine Stadt sich befreit hat, kontaktiert sie der Rat, damit diese sich am Rat beteiligt.

Vorsitzender des Rates ist Mustafa Mohamed Abdel Jalil, der ehemalige Justizminister. Er ist nicht unumstritten, da er bis vor kurzem dem Regime angehörte. Man will seine Kontakte nach Tripolis und den anderen Städten im Westen nutzen, um die Befreiung voranzutreiben. Viele sehen ihn als Übergangsfigur. Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen. Tunesien und Ägypten müssen sich auch noch mit den alten Kräften auseinandersetzen. Das wird auch nach dem Ende des Gaddafi-Clans in Libyen so sein.

Libyen: Bestechungsversuche und Offensiven des Regimes

Gestern haben Abordnungen des Gaddafi-Regimes versucht, sich weitere Unterstützung im Land zu erkaufen. In Az Zawiyah und Misratah soll einflussreichen Personen und Gruppen Milliarden angeboten worden sein, damit sie sich gegen das Volk wenden und das Regime verteidigen. In beiden Städten ist dieser Bestechungversuch barsch zurückgewiesen worden. Der Zeitpunkt für Verhandlungen sei längst vorüber. In Misratah soll man der Abordnung auf den Weg gegeben haben, dass sie ohne Vorwarnung beschossen würde, sollte sie nochmal auftauchen. In Kufra hat ein Armeegeneral, der noch zum Regime hält, mit ebenfalls viel Geld versucht, Kämpfer anzuwerben. Ergebnis: Kufra hat sich dem Aufstand gegen das Regime angeschlossen!

Gestern und heute wurden wieder Az Zawiyah und Misratah angegriffen. In Misratah wurde gestern sogar die Trauerfeier für die Gefallenen vom Vortag beschossen. Beide Stadtzentren halten sich. Auch gibt es jeweils Berichte, dass die Aufständischen weitere Waffen, darunter auch Panzer und Luftabwehrgeschütze, erhalten haben. Das Regime hat seinerseits die Kräfte um die beiden Städte verstärkt, ebenfalls u.a. mit Panzern.

In Az Zawiyah ereignete sich ein Vorfall, der Zweifel an der Kommunikation zwischen den Einheiten des Regimes aufkommen lässt. Eine Gruppe internationaler Journalisten wurde von Tripolis nach Az Zawiyah gefahren, um ihnen zu zeigen, dass dort alles "normal" ist. Nur ist eben das Zentrum der Stadt in den Händen der Regimegegner. So konnten die Journalisten Barrikaden sehen, auf denen die Flagge des freien Libyens wehte, und hören was die Bewohner von Az Zawiyah wünschen. Es wurden Sprechchöre gerufen: "Nieder mit dem Regime!"

Das libysche Regime hat etwas geschafft, was noch niemanden gelungen ist: Erstmals hat der UN-Sicherheitsrat die Vorgänge in einem Land einstimmig(!) dem Internationalen Strafgerichtshof zur Untersuchung übergeben. Alle Ereignisse seit dem 15. Februar sollen auf mögliche Verbrechen hin untersucht werden. Darüber hinaus wurde ein Waffenembargo verhängt, die Sperrung der Auslandskonten des Gaddafi-Clans beschlossen und ein Reiseverbot für fünfzehn Funktionäre des Regimes erlassen. Die Resolution im vollen Wortlaut (englisch)

Libyen: Video von den Kämpfen in Benghazi vor der Befreiung

In Benghazi ist seit gestern Abend das Internet wieder fast normal verfügbar. Seitdem werden immer mehr Videos hochgeladen. Eines der eindruckvollsten ist dieses hier. Es zeigt, wie die Aufständischen nur mit Steinen gegen bewaffnete Kräfte des Regimes vorgehen. Das Datum ist unklar. Mutmaßlich vor dem 21. Februar.