12. März 2011

Libyen: Az Zawiyah ist gefallen

Gestern wurde es zur traurigen Gewissheit: Az Zawiyah ist wieder unter Kontrolle des Gaddafi-Regimes. Die heldenhaften - ich gebrauche so ein Wort äußerst selten - Verteidiger der Stadt sind dem militärisch überlegenden Aggressoren des Regimes unterlegen. Es bedurfte schon des Einsatzes der Khamis-Brigade, um den Widerstand zu brechen. Und dennoch hat das Regime zwei Wochen gebraucht, um die Stadt zurückzuerobern.

Eine Gruppe internationaler Journalisten wurde gestern Nachmittag von Tripolis nach Az Zawiyah gefahren, um zu zeigen, dass in Az Zawiyah das Regime gesiegt hat. Die Berichte der Journalisten ähneln sich. Die schweren Schäden in der Innenstadt sind notdürftig mit Fahnenstoff, Gaddafi-Portraits und Transparenten kaschiert. Selbst frisch geöffnete Farbeimer waren noch zu sehen. Die bestellten Claqueure sind nicht aus der Stadt und folgen den Anweisungen der Kameraleute des staatlichen Fernsehens. Am Rande beobachten alte Männer die inszenierte Triumphfeier. Sie weichen den Blicken der Fremden aus und wagen nicht, mit den Journalisten zu sprechen. Das Krankenhaus, in dem zahlreiche verletzte Verteidiger lagen, dürfen die Journalisten nicht besuchen. Auch wird ihnen der Zugang zum Rest der Stadt verweigert.

Und nicht einmal im Tode gönnt das Regime seinen Gegner Ruhe. Übereinstimmend berichten Reporter, die schon mal in der Stadt waren, dass die provisorischen Gräber von 20 Kämpfern in einem kleinen Park im Zentrum der Stadt, eingeebnet wurden. Die Spuren der Bulldozer, mit denen die Leichen beseitigt wurden, waren noch zu sehen. Das bestätigt, was ein verzweifelter Vater in einem Telefonanruf dem Sender Al Arabiya schilderte: "Mein toter Sohn liegt hier bei mir im Haus ... ich kann meinen Sohn nicht einmal beerdigen."