18. März 2011

Jemen: Ausnahmezustand ausgerufen - 41 Tote

Der Nationale Sicherheitsrat des Jemen hat heute den Ausnahmezustand über das ganze Land verhängt. Dies teilte der Präsident Ali Saleh mit. Zuvor waren bei einer Demonstration von zehntausenden Oppostionellen in Sanaa, der Hauptstadt des Jemens, 41 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Der Präsident machte dafür "bewaffnete Elemente" innerhalb der Demonstration verantwortlich. Augenzeugen schildern dagegen, dass die Sicherheitskräfte auf die Demonstranten das Feuer eröffnet haben, als diese den Versammlungsplatz verlassen wollten. Zudem sollen in zivil gekleidete Personen von Dächern auf die Oppositionellen geschossen haben.

Die Demonstration in Sanaa war eine von vielen im ganzen Jemen. Seit Wochen fordern Oppositionelle den Rücktritt Salehs, der seit 32 Jahren Präsident des Jemen ist. Immer wieder gab es dabei Verletzte und auch Tote. Saleh hat einen Rücktritt bisher abgelehnt. Aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten ist der Tourismusminister des Landes Nabil al-Faqih von seinem Posten zurückgetreten. Zudem hat er die Regierungspartei PGC verlassen.

Libyen: Das Volk hat seine UN-Resolution

Gestern Abend hat der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1973 verabschiedet. Zehn Mitglieder stimmten für die Resolution (neun sind notwendig), fünf enthielten sich der Stimme: China, Rußland, Indien, Brasilien und Deutschland, es gab keine Gegenstimme. Mit ihr wurde die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen beschlossen. Zudem sind alle UN-Mitglieder ermächtigt, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Zivilisten zu schützen – einschließlich der Anwendung militärischer Gewalt. Das kann z. B. Luftangriffe auf Panzer und Artilleriestellungen, die Städte beschießen, bedeuten. Der Einsatz von Bodentruppen wird explizit ausgeschlossen. Ausdrücklich erwähnt die Resolution den Schutz der Stadt Benghazi als Ziel. Dies bestätigt Berichte, wonach sich Frankreich und Großbritannien darauf verständigt haben, Benghazi auf jeden Fall zu schützen, auch wenn die Resolution nicht durchgekommen wäre. Treibende Kraft für das Zustandekommen der Resolution waren auch diese beiden Länder. Als entscheidend für die aktuelle Durchsetzung wird der Umschwung der USA von einer abwartenden Position zur Unterstützung der französisch-britischen Initiative gesehen. Die akute Bedrohung große Städte im Osten, insbesondere der zweitgrößten des Landes Benghazi, legte rasches Handeln nahe. Und wenn es noch Zweifel daran gegeben hätte, so hat eine Rede Gaddafis kurz vor der UN-Sicherheitratssitzung dies ausgeräumt. Er drohte Benghazi mit einem Massaker, sollte die Stadt nicht aufgeben. Zudem drohte er der internationalen Gemeinschaft, sollte sie Schritte gegen das Regime unternehmen, würde das Mittelmeer auch für zivile Schiffe nicht mehr sicher sein. Höhepunkt der absoluten Hybris Gaddafis: Wir fürchten auch Atomwaffen nicht.

Frankreich hat schon vor der Sitzung des Sicherheitsrates mitgeteilt, dass es erste Aktionen nur Stunden nach der Verabschiedung einer entsprechenden Resolution durchführen würde. Es kann also schon heute zu militärischen Einsätzen kommen. Großbritannien und die USA werden sicher daran teilnehmen. Kanada hat angekündigt sechs F-18 zur Verfügung zu stellen. Italien wird wohl nicht aktiv teilnehmen, wird aber seine Militärbasen zur Verfügung stellen. Das dänische Parlament hatte vorher schon eine Teilnahme Dänemarks an der Flugverbotszone beschlossen. Bemerkenswert ist daran zweierlei. Erstens gilt wegen der Dringlichkeit der Beschluss auch, wenn der Sicherheitsrat nicht dazu ermächtigt hätte. Und zweitens war er getragen von einer breiten Mehrheit des Parlaments. So hat auch die Sozialistische Volkspartei, die den Militäreinsatz in Afghanistan und dem Irak ablehnt, der Beteiligung zugestimmt. Norwegen hat heute ebenfalls erklärt, sich an dem Einsatz zu beteiligen. Auch zwei arabische Länder, es werden Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate genannt, sollen sich an der Aktion beteiligen. Ob diese über eine symbolische Beteiligung hinausgeht, wird sich zeigen. Ägypten soll mit Wissen der USA eine Lieferung von leichten Waffen an die Aufständischen auf den Weg gebracht haben.

Diese Resolution ist genau die, die sich das libysche Volk gewünscht hat. Schutz vor Luftangriffen und dem Beschuss ihrer Städte, ohne den Einsatz von fremden Truppen auf libyschem Boden. Entsprechend war die Reaktion in Libyen: In Benghazi, Tobruk, ja auch im belagerten Misratah gab es Freudenfeiern. Neben dem militärischen Schutz bedeutet die UN-Resolution für das libysche Volk auch einen riesigen moralischen Sieg. Fühlte es sich bisher von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen, so hat es nun das Gefühl, die Welt steht hinter ihm. So kam es gestern auch in vom Regime besetzten Städten zu spontanen Demonstrationen, darunter in Tripolis und in Az Zawiyah. Auf der anderen Seite dürften die Spannungen im Lager des Regimes zunehmen. So gab es Berichte, dass es gestern Nacht in Sirt, sozusagen die Heimatstadt des Gaddafi-Clans, zu Zusammenstößen kam. Dieser Freitag könnte in Libyen einige Überraschungen bringen. Zumal ja der Freitag in Arabien traditionell der Tag der Proteste ist.