31. März 2011

Libyen: Außenminister Moussa Koussa nach London geflohen

Am gestrigen späten Abend gab das Außenministerium in London bekannt, dass Moussa Koussa, der libysche Außenminister, in Großbritannien eingetroffen und von seinem Amt zurückgetreten ist. Er wolle dem Gaddafi-Regime nicht mehr dienen. Mit Koussa geht einer der engsten Vertrauten des Gaddafi-Clans. Er war wesentlich an den Verhandlungen des Regimes über eine Wiedergutmachung des Anschlags von Lockerbie mit Großbritannien beteiligt, welche die Isolation des libyschen Regimes durchbrachen. Im Gegensatz zu dem Bild einer Witzfigur, das manche westliche Medien von ihm zeichnen, ist er ein Mann, der Blut an den Händen hat. Das Bekenntnis, seine Regierung beabsichtige die Ermordung von Oppositionellen im Ausland, hat 1980 zu seiner Ausweisung aus Großbritannien geführt; er war damals Botschafter in Großbritannien. Tatsächlich wird er für zahlreiche Morde an Oppositionellen im Ausland während der 80er Jahre verantwortlich gemacht und war von 1994 bis 2009 Geheimdienstchef. Wenn einer die geheimen Verstecke des Gaddafi-Clans und die Leichen in den Kellern des Regimes kennt, dann Koussa. Seine Begründung, er könne nicht mehr eine Regierung vertreten, die Zivilisten töte, kann angesichts seiner Vergangenheit nur als ekelhafte Heuchelei bezeichnet werden. Seine Skrupel beschränken sich auf seine eigene Person, diese haben ihn wohl zu dem gestrigen Schritt veranlasst.

Neben Moussa sind werden zurzeit noch der aktuelle Geheimdienstchef, der Ölminister, der Generalsekretär der Volkskongresse und der stellvertretende Außenminister "vermisst". Diese sollen sich alle in Tunesien aufhalten. Das Regime bricht politisch immer mehr zusammen, aber noch hat es genug militärische Macht, um sich zu halten. Aber wenn eine Figur wie Moussa, der dem Gaddafi-Clan jahrzehntelang in brutalster Weise gedient hat, nun flieht, sagt das einiges über die Zukunftschancen dieses Regimes aus.

Übrigens: Das Militär des Regimes leidet unter akuten Benzinmangel, weil die Raffinerien nicht arbeiten. Gestern wurde bekannt, dass die demokratischen Kräfte in Tunesien in der letzten Zeit gut zwei Dutzend Öllieferungen an das Regime in Tripolis unterbunden haben.