19. Juni 2011

Syrien: "Du kannst die Blumen zertreten, Bashar, aber Du kannst den Frühling nicht aufhalten."

Die Demonstrationen dieses Freitages waren Saleh al-Ali gewidmet, einem Widerstandskämpfer gegen die französische Besatzung nach dem Ersten Weltkrieg. Natürlich tobte das Regime ob dieser Wahl. Das sei ein "Missbrauch" des Helden. Die Baath-Partei gibt sich als den einzigen Garanten der syrischen Souveränität. Doch die nationalistische Rhetorik verfängt schon lange nicht mehr bei den Demonstranten. Erinnert sei an die Parole: "Wer auf das Volk schießt, ist der Verräter." Ihre Wahl Saleh al-Alis signalisiert auch noch etwas anderes. Sie wollen sich nicht auf religiöse Spaltungen einlassen und der Vorwurf, sie seien sunnitische Extremisten, wird zurückgewiesen: denn Saleh al-Ali war Alawit.
Demonstration am Freitag, den 17.06.2011, in Hama
Ich wiederhole es gerne: Es werden nicht weniger. Dieser Freitag sah mindestens genauso viele Demonstranten wie die Freitage zuvor. "Du kannst Blumen zertreten, Bashar, aber Du kannst nicht den Frühling aufhalten" war auf einem Transparent zu lesen. Zunehmend soll sich auch die Mittelschicht beteiligen. Bisher waren die Proteste v. a. von der Mehrheit der Armen getragen worden.

Und schon am nächsten Tag, den Sonnabend, gab es vielerorts wieder Demonstrationen. Denn das Regime ließ am Freitag wieder schießen. Etwa 20 Tote waren zu verzeichnen. Ohne zu übertreiben kann man sagen, dass es in Hama, Deir Azzour und Harasta (ein Vorort von Damaskus) jeweils(!) Zehntausende waren, die den Toten das letzte Geleit gaben.

Und das Regime? Nun, unter der Woche wurde verkündet, Rami Makhlouf (Cousin von Bashar und reichster Syrer) würde sich aus seinen Geschäften zurückziehen und nur noch für die Allgemeinheit arbeiten, Jobs schaffen und Teile seines Vermögens für wohltätige Zwecke spenden. Was von diesen Ankündigungen gehalten wurde, zeigte sich, als erneut wieder Niederlassungen von Syratel, der Mobilfunkfirma Makhloufs, verwüstet wurden.

Ach ja, und dann gibt es noch die Kampagne einiger Kräfte des Regimes, die die Demonstranten als schwul diffamieren. Ja, richtig gelesen, der Vorwurf lautet: "Die sind doch alle schwul!" So weit zum politischen Niveau des Regimes.