26. Februar 2011

Libyen: Die akuten Forderungen der Aufständischen

Was soll die Welt gegen das Gaddafi-Regime tun? Die Stimmen, die uns erreichen, sind recht eindeutig: Eine Intervention im Sinne eines Einsatzes von Bodentruppen wird einheitlich abgelehnt. Gefordert wird aber häufig die Einrichtung einer Flugverbotszone für ganz Libyen, damit das Regime sein Volk nicht bombardieren kann und sich Aufständische sammeln können. Zudem wird gefordert, alle Finanzquellen des Regimes zu blockieren und das Vermögen des Gadaddfi-Clans zu beschlagnahmen. Der Einwand, Sanktionen würden nur das Volk treffen, wird meist zurückgewiesen. Das Volk würde schon unsäglich leiden, schlimmer könne es angesichts der Massaker nicht werden.

Besonders bitter wird der fehlende humanitäre Einsatz der westlichen Staaten bemerkt. Während aus Ägypten Konvois mit medizinischen und anderen dringend benötigten Gütern über den langen Landweg bis nach Benghazi gelangen, kümmern sich die westlichen Staaten nur darum, ihre Staatsbürger zu evakuieren. Das ist sicherlich ein legitimes Anliegen. Aber eine Äußerung auf Twitter zeigt, was in Libyen mehr als übel aufstößt: "Während die HMS York nun schon zum zweiten Mal in Benghazi anlegt, haben sie den Libyern nicht mal mit einem Aspirin geholfen."

Libyen: Die Rolle von Satellitenkommunikation

Sowohl das Mubarak- als auch das Gaddafi-Regime haben von einer "Verschwörung" gesprochen, an der Qatar beteiligt sei. Grund dafür ist, dass Al Jazeera in Qatar beheimatet ist. Von der US-Regierung in der Vergangenheit auch schon mal als "Terroristensender" bezeichnet, hat sich Al Jazeera zum wichtigsten unabhängigen Sender des arabischen Raumes entwickelt. Er genießt im Gegensatz zu den westlichen Medien das Vertrauen der arabischen Bevölkerung. Natürlich wird Al Jazeera in Libyen nicht über Kabel oder Antenne ausgestrahlt, sondern ist ausschließlich über Satelliten zu empfangen. Seit Beginn der Unruhen versucht das Regime, die Ausstrahlung zu stören. Der Sender wechselt daher häufig seine Frequenzen.

Libyen ist etwa fünfmal so groß wie Deutschland. Große Flächen sind unbewohnbar. Deshalb sind Satellitentelefone sehr verbreitet. Auch Internetzugriff per Satellit ist möglich. Der größte Anbieter ist Thuraya. Seit Beginn des Aufstandes ist auch Thuraya von Störangriffen betroffen. Nach Angaben eines Firmenvertreters sei es den Technikern aber gelungen für etwa 70% der Fläche Libyens den Empfang wieder herzustellen.

Libyen: Terror gegen Freitagsdemonstrationen in Tripolis

Die Bewohner der libyschen Hauptstadt Tripolis nutzten die Freitagsgebete, um sich zu neuen Demonstrationen gegen das Gaddafiregime zu versammeln. Offensichtlich waren allen Prediger Anweisungen gegeben worden, was sie zu predigen hatten: Der Koran verbiete die Rebellion gegen den jeweiligen Herrscher und wer sich gegen ihn auflehne, würde als Ungläubiger sterben. Viele verließen angesichts solcher Worte vorzeitig die Gottesdienste. Eine Übertragung des Staatsfernsehens aus einer Moschee wurde abgebrochen, als die Gläubigen Sprechchöre gegen das Regime riefen.

Anschließend gingen Zehntausende auf die Straße. Und erneut griff das Regime die unbewaffnete Demonstranten sofort an. Nicht mit Tränengas, Wasserwerfern oder Schlagstöcken, nein, es wurde wieder sofort mit scharfer Munition geschossen; und zwar mit der klaren Absicht, zu töten. Genaue Opferzahlen können angesichts der vom Regime gekappten Nachrichtenwege nicht genannt werden. Es werden aber sicher Dutzende gewesen sein. Einerseits sicherten Eliteeinheiten den Zugang zum Grünen Platz ab, der das Ziel vieler Demonstranten war. Andererseits fuhren Sölnder und andere Bewaffnete mit Jeeps durch die Stadt, um Gruppen von Demonstranten aufzuspüren und möglichst viele zu töten. Es sollen auch Krankenwagen unterwegs gewesen sein, mit denen sich die Mörder des Regimes heimtückisch den Menschen näherten, um dann plötzlich hervorzuspringen und auf sie zu schießen. Angesichts der Verluste und der Aussichtslosigkeit des Unterfangens, sich auf dem Grünen Platz oder anderenorts zentral zu versammeln, zogen sich die Demonstranten zurück.

Ebensfalls gestern ist die Stadt Az Zawiya erneut angegriffen worden. Den Kräften des Regime ist es aber nicht gelungen, in die Stadt einzudringen. Allerdings sollen sie sich in den Außenbezirken der Stadt festgesetzt haben und die Zufahrten kontrollieren. Ein weiterer Angriff richtete sich gegen den Flughafen von Misratah. Mit Hilfe eines Panzerverbandes soll es den Angreifern gelungen sein, Teile des Flughafens zurückzuerobern.

Bei einem weiteren Auftritt Gaddafis im Fernsehen drohte dieser erneut unverhohlen mit extremer Gewaltanwendung. Man werde eher Libyen in Flammen setzen als aufgeben. Später kündigte sein Sohn Saif an, man sei zu "Verhandlungen über einen Waffenstillstand" bereit. Was damit gemeint sein könnte, deuten Gerüchte an, dass das Gaddafiregime versuche, einflussreiche Gruppen in den Städten Az Zawiyah und Misaratah mit Milliardensummen zu bestechen.