14. Februar 2011

Opposition will weitere Schritte sehen

Während der regierende Armeerat zu "Ruhe und Ordnung" aufruft, fordert die Opposition weitere Schritte in Richtung Demokratie.

Ein Treffen von acht Vertretern der jungen Opposition mit zwei Mitgliedern der obersten Armeeführung am Sonntag wurde von den Vertretern der Opposition - darunter Wael Ghonim und Amr Salama - als erfreulich beschrieben. Die Vertreter der Armee versicherten, der Weg zu freien Wahlen sei unumkehrbar, man würdigte die Verdienste der Opposition für das Land und forderte zur Gründung von Parteien auf. Zudem kündigten die Generäle an, die Kommission für die Verfassungsänderungen innerhalb der nächsten zehn Tage zu berufen und die Verfassungsänderungen innerhalb der nächsten zwei Monate zur Volksabstimmung zu stellen. Auf die Frage nach einer echten Übergangsregierung, die die bisherige Opposition einschließt, verwiesen die Generäle auf die Dringlichkeit ihrer Entscheidungen und das diese nicht endgültig seien. Angesprochen auf die noch Inhaftierten, baten die Armeevertreter um eine Liste und versprachen sich um deren Freilassung zu kümmern.

Heute präzisierte die "Koalition der jungen Revolutionäre", die gestern mit den Generälen mit am Tisch saß, ihre Forderungen für den Übergang zur Demokratie auf einer Pressekonferenz. Die "Koalition" fordert eine neue Übergangsregierung aus Fachleuten mit einer zivilen Person an der Spitze, die den Respekt und das Vertrauen des Volkes genießt. Die NDP-Mitglieder des bestehenden Kabinetts sollen aus diesem entlassen werden. Es sei unmöglich, dass die Verantwortlichen für die Korruption, die ein Auslöser der Revolution sei, den Übergang betreuten. Das neue Parlament solle eine Verfassung ausarbeiten, welche eine parlamentarische Republik konstituiert, die Macht des Präsidenten beschränkt und eine klare Gewaltenteilung vorsieht. Die Vertreter der "Koalition" betonten, dass das Treffen am Sonntag nur ein Vorgespräch war und kein Beginn von Verhandlungen.

In einem Papier, das auf der Pressekonferenz verteilt wurde, wurde weitere Forderungen aufgelistet: Aufhebung des Ausnahmezustande; Abschaffung des Kriegsrechts und der Standgerichte; Demontierung der NDP und Beschlagnahme ihres Vermögens zugunsten des Staates; Achtung des Rechts, Verbände, Gewerkschaften und Medien zu gründen; Auflösung des berüchtigten Staatssicherheitsapparates und die Freilassung aller politischen Gefangenen.

Ferner fordert die "Koaltion" in dem Papier die Abschaffung der restriktiven Gesetze über Parteigründungen innerhalb von zehn Tagen und den Entwurf eines Gesetzes zur Ausübung der politischen Rechte innerhalb eines Monats. Um das politische Engagement der Jugend zu fördern, soll das Alter der Wählbarkeit zum Parlament von 30 auf 25 und das zum Präsidenten von 40 auf 35 gesenkt werden.

Ebenfalls heute teilte der britische Außenminister William Hague mit, dass der geschäftsführende Premierminister Ahmed Shafiq ihm in einem Gespräch gesagt habe, dass eine Umgestaltung des Kabinetts, die in der nächsten Woche geschehen soll, Persönlichkeiten aus der Opposition einschließen würde.

Das Innenministerium zieht seine Bilanz

Das Innenministerium hat heute eine erste Bilanz über die Verluste der Polizeibehörden veröffentlicht. Sechs Offiziere, elf Polizisten und fünfzehn Wehrpflichtige (die Wehrpflicht wird auch in der Polizei abgeleistet) sind umgekommen. Über 1.000 Personen wurden verletzt. Außerdem gingen neunundneunzig Polizeiwachen und sechs Gefängnisse in Flammen auf. Daneben sind viele Polizeifahrzeuge zerstört worden.

Menschen wollen mehr Lohn - Armeerat drängt auf Ende der Streiks

In einer weiteren Erklärung hat der Armeerat auf ein Ende der landesweiten Streiks und Proteste gedrängt. "In dieser schwierigen Zeit haben die Streiks nur negative Folgen", heiß es in der Erklärung. Die Proteste würden unverantwortliche und illegale Handlungen erleichtern. Im Interesse der Sicherheit, Stabilität und Wirtschaft sei jeder Bürger und die Gewerkschaften aufgefordert, eine konstruktive Rolle zu spielen.

Es streiken u.a. Busfahrer, Krankenwagenfahrer, Textilarbeiter und auch die Beschäftigten an den Großen Pyramiden. Hauptforderung ist stets die nach höheren Löhnen. Oft wird auch die Entlassung der meist korrupten Firmenleitung gefordert. So fordern z. B. die Beschäftigten der "Bank of Alexandria" eine Untersuchung der Privatisierung ihrer Bank.

Vor welchen sozialen Problemen die Leute stehen, soll ein kleines Beispiel verdeutlichen. Heute haben Tunnelarbeiter eine der Hauptverkehrsader Cairos, einen Tunnel, blockiert. Ihnen war am Donnerstag die Festanstellung versprochen worden. Teilweise arbeiten sie seit elf Jahren(!) als Zeitarbeiter ohne Krankenversicherung. Die Tunnelarbeiter sind besonders häufig von Asthma betroffen und ihr Monatsgehalt übersteigt nie 300 ägyptische Pfund, das sind ca. 38 Euro. (Zum Vergleich: Ein Laib Brot kostete in Ägypten zeitweise 0,5 Pfund, ein Kilo Tomaten kostet 8 Pfund, ein Kilo Fleisch 30-50 Pfund und für eine einfache Wohnung in Cairo zahlt man mehr als 200 Pfund). Dazu sollte man noch wissen, dass es in Ägypten in der Praxis zwei Gesundheitssysteme gibt. Ein privates, das kein normaler Mensch bezahlen kann. Und das öffentliche, welches hoffnungslos überlastet ist und in dem es schnelle Behandlung nur gegen Bestechung gibt.