9. Mai 2011

Bahrain: Abdulhadi Alkhawaja schwer gefoltert. Massenprozess gegen Oppositionelle wegen "Terrorismus".

Gestern, am 8. Mai, wurde vor einem militärischen Sondergericht das Verfahren gegen 21 prominente Oppositionelle eröffnet. Der Prozess wurde auf den 12. Mai vertagt. Bis dahin haben die vom Gericht bestellten Anwälte der Angeklagten Zeit, sich in die Akten einzuarbeiten. Was angesichts der Schwere der Vorwürfe ein lächerlicher Zeitraum ist. Gegen sieben der Angeklagten wurde in Abwesenheit verhandelt. Von diesen halten sich die meisten in Großbritannien auf und haben teilweise Asyl wegen Folter und politischer Verfolgung beantragt. Die Angeklagten sind Schiiten, Sunniten und Säkulare. Sie waren in verschiedenen politischen und sozialen Zusammenhängen aktiv: in Parteien, Menschenrechtsorganisationen, religiösen Gruppen, sozialen Initiativen, auch ein Blogger ist dabei. Diese heterogene Gruppe soll laut Anklage eine "terroristische Organisation" gegründet haben, mit dem Ziel, die Regierung gewaltsam zu stürzen. Dabei soll die Organisation auch mit ausländischen Terroristen, die für ein fremdes Land arbeiten, kooperiert haben.

"Terrorismus" ist in den Gesetzen Bahrains sehr weitgehend definiert. So umfasst die Anklage auch folgende Punkte: "Aufruf zum Umsturz der Regierung", "Beleidigung(!) der Armee", "Verbreitung falscher Nachrichten und Gerüchte, die geeignet sind, die öffentliche Sicherheit und das öffentliche Interesse zu gefährden". Alle diese Anklagpunkte basieren auf einem Gesetz zum "Schutz der Gesellschaft vor Terrorismus" aus dem Jahre 2001.

Alle Verhafteten war während ihrer Haft nur ein einminütiges Telefonat mit einem Angehörigen erlaubt. Weder durften sie Besuch empfangen noch hatten sie Zugang zu rechtlichem Beistand. Zudem waren und sind alle an unbekannten Orten eingesperrt. Diese Haftbedingungen, die jeder Rechtsstaatlichkeit spotten, begünstigen Folter. Im Falle der 14 Inhaftierten ist diese offensichtlich bei allen angewendet worden. Die Gefangenen wurden in langer Kleidung, die auch die Arme vollständig bedeckte, vorgeführt; und das bei Temperaturen von 33° C. Als der Richter die Verhandlung schließen wollte, erhoben alle Angeklagten Protest und verlangten Garantien, nicht weiter gefoltert zu werden. Sie wurden daraufhin von den Wachen angeschrieen und gewaltsam aus dem Saal entfernt.

Zwei Fälle stechen dabei besonders hervor. Mohammed Hassan Jawad Parweez, ein Menschenrechtsaktivist, ist in der Haft vollständig taub geworden. Vorher war er schwerhörig, nun nützt ihm auch sein Hörgerät nichts mehr. Am schlimmsten ist Abdulhadi Alkhawaja gefoltert worden. Er hat eine Wunde unter dem linken Auge, die genäht werden musste, und vier Gesichtsbrüche(!), davon ein Kieferbruch. Er kann kaum sprechen und essen. Vor einigen Tagen war er in einem Militärkrankenhaus operiert worden. Die Operation dauerte vier Stunden und ihm wurden dabei Knochenteile seines Schädels entnommen, um sie in seinem Gesicht zu reimplantieren. Der Zustand Alkhawajas hat die schlimmsten Erwartungen noch übertroffen.

Stellungnahme von Front Line: http://www.frontlinedefenders.org/node/15067
Aufruf von Amnesty International:
http://amnesty.org/en/library/asset/MDE11/024/2011/en/a3f4bc4d-2f1d-4495-8add-624942c92920/mde110242011en.html