13. Februar 2011

Sechs Monate Militärregierung - Mubarak-Kabinett bleibt

Die Armeeführung hat nun in einer weiteren Erklärung ihre Pläne verkündet. Hier die wesentlichen Punkte:
  • Die Armeeführung wird mit dem Verteidigungsminister Tantawi an der Spitze das Land für sechs Monate regieren.
  • Das letzte Kabinett von Mubarak bleibt ihm Amt, die Minister führen die Amtsgeschäfte weiter
  • Das Parlament ist aufgelöst, ebenso das Oberhaus.
  • Die Verfassung ist suspendiert. Es wird eine Kommission gebildet, die Vorschläge für eine Verfassungsreform entwickeln soll. Diese Reform soll durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.
  • In sechs Monaten werden freie Wahlen abgehalten. Die Regierung, die sich danach bildet, wird die Macht vom Armeerat übernehmen.
Damit ist Tantawi De-facto-Präsident von Ägypten. Der Militärrat behält sich vor, Gesetze zu erlassen. Die alten Minister der Mubarak-Regierung bleiben an den Schaltstellen der Macht. Auch allen anderen Staatsfunktionäre.

Wichtig ist auch, was der Armeerat nicht erwähnt hat. Die Aufhebung des seit 30 Jahren andauernden Ausnahmezustandes wird nicht in Aussicht gestellt, geschweige denn verkündet. Auch kein Wort zu den zahlreichen politischen Gefangenen, die noch inhaftiert sind.

Kurz vor der Erklärung des Armeerates hat der Premierminister Ahmed Shafiq eine Pressekonferenz abgehalten. Kernaussage war, dass es nun das oberste Ziel sei, die Sicherheit für die Bevölkerung wieder herzustellen und zur Normalität zurückzukehren. Zudem bestätigte er den Rücktritt des Informationsministers El Feky. Das dieser versucht hat, aus dem Land zu fliehen und unter Hausarrest steht, erwähnte er nicht. Meldungen, wonach mehrere aktuelle Minister von einem Ausreiseverbot betroffen sind, kommentierte er mit den Worten, dass es für Minister üblich sei, sich die Genehmigung für Auslandsreisen einzuholen. Neben den Posten des Informationsministers scheinen noch andere zur Zeit nicht besetzt zu sein, da Ahmed Shafiq betonte, man wolle Sorgfalt bei der Neubesetzung der vakanten Stellen walten lassen. Welche Posten dies sind, sagte er nicht.

Erste Reaktionen sind begeistert bis skeptisch. Von "Dies ist der Sieg der Revolution." bis "Es bleibt noch so viel zu tun, wozu sie nichts gesagt haben." reichen die Äußerungen. Andere sind noch skeptischer: "Das ist ein Mubarak-Regime ohne Mubarak."

Hauptkritik ist, dass es keine Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition gibt, sondern dass es das alte Kabinett ist, das die Geschäfte führen soll, und dieses fast vollständig der NDP angehört. Und das so eine unglaubwürdige Person wie der Premierminister Shafiq an zentraler Stelle bleibt, schafft auch nicht gerade Vertrauen. Zudem wurde kritisiert, dass ein neuer Informationsminister gesucht wird statt das Ministerium komplett abzuschaffen. Ein solches Informationsministerium ist charakteristisch für einen autoritären Staat.

Wie die Kommission besetzt wird, die die neue Verfassung entwerfen soll, ist nicht klar. Eventuell kann es sogar die sein, die Mubarak noch ernannt hat.

Auch dass alle Gouverneure und die anderen Funktionsträger im Amt bleiben sollen, stößt auf Kritik. So haben Oppositionelle in Suez die Entlassung des Gouverneurs und des Polizeichefs gefordert und wollen am Montag demonstrieren, wenn diese noch im Amt sind. Der Gouverneur von Alexandria hat ein anderes Problem: Er war so verhasst, dass man ihm schon am 28. Januar den Amtssitz abgefackelt hat - inklusive einer hochmodernen Überwachungszentrale zur Kontrolle der Bevölkerung.

Die Justiz scheint teilweise einen eigenen Kurs zu fahren. Zahlreiche Ermittlungsverfahren zu Korruptionsvorwürfen wurden eröffnet. Ebenso wie Ermittlungen gegen den ehemaligen Innenminister wegen des Schießbefehls auf Demonstranten sowie gegen den ehemaligen Informationsminister und seine Handlanger wegen der Beeinflussung der staatlichen Medien.

Die soziale Situation in Ägypten ist katastrophal. So müssen 40% der Menschen mit weniger als 2 Dollar am Tag überleben. Deshalb sind in den letzten Tagen zahlreiche Streiks ausgebrochen, die hauptsächlich Lohnerhöhungen als Forderung haben. Letzte Meldungen berichten, dass der Armeerat Gewerkschaftstreffen und Streiks verbieten will. Das wäre ein schwerer Rückschlag für die demokratischen Kräfte.