7. April 2011

Syrien: Konzessionen und Einschüchterungen

Am Vorabend des Freitags versucht das syrische Regime durch Konzessionen verschiedene Gruppen der syrischen Gesellschaft zu beruhigen. Gleichzeitig setzt es weiter auf Repression.

So wurde per Dekret des Präsidenten den staatenlosen Kurden die syrische Staatsbürgerschaft gewährt. Unklar ist noch, wie viele dies betrifft. Zudem wurden 48 kurdische Häftlinge freigelassen. Sprecher der kurdischen Minderheit ließen sich davon nicht beeindrucken. "Unser Anliegen ist Demokratie für ganz Syrien. Die Staatsbürgerschaft ist ein Recht, das jedem syrischen Bürger zu steht, und kein Privileg, das jemand gewähren kann", sagte Habib Ibrahim, Führer der DUKP. Und ein Sprecher der kurdischen Partei Yakety meinte: "In Syrien ist jeder sozial benachteiligt, ob mit oder ohne Staatsbürgerschaft."

Als Zugeständnis an die Religiösen gilt die Schließung des einzigen Glückspiel-Kasinos in Damaskus, das erst Neujahr dieses Jahres eröffnet worden war. Zudem dürfen Lehrerinnen wieder den Niqab tragen, einen Gesichtschleier, der nur die Augen freilässt. Lehrerinnen, die deswegen entlassen worden sind, sollen auf Wiedereinstellung hoffen dürfen.

Gleichzeitig gehen die Verhaftungen und Einschüchterungen weiter. Als ein Bespiel sei Malath Aumran (Twitteraccount: @MalathAumran) genannt. Aumran ist ein Pseudonym, das ein sehr bekannter Aktivist verwendet. Sein Avatar ist eine Synthese aus vielen Fotos syrischer Männer. Seit Jahren versuchen die Geheimdienste Syriens, ihn zu fassen. Sie versuchten es als Reporter getarnt oder gaben sich als Gleichgesinnte aus. Andere Versuche, ihn zu kompromittieren, starteten die Agenten, in dem sie sich als schöne Frauen ausgaben, die nach ein paar politischen Debatten auch ein Date wollten. Bei solchen Versuchen verwenden die syrischen Geheimdienste auch schon mal ein Foto von Julia Roberts. Als ihm der Boden in Syrien zu heiß wurde, ist er – wie viele oppositionelle Syrer – in den Libanon geflüchtet. Leider ist es den Schergen des Regimes nun gelungen, die Identität Aumrans zu enthüllen. Er heißt Rami Nakhla. Ein Agent erinnerte sich während eines Interviews, das Aumran gab, an die Stimme. Er hatte ihn schon mal verhört. Nakhla stammt aus As-Suwayda und ist dort gut bekannt. Nun hat ihm das Regime eine Drohung übermittelt und zwar auf der Facebook-Seite von Malath Aumran. Entweder er stellt alle Aktivitäten ein oder man werde seine Familie in Syrien festnehmen. Nakhla hat sich entschieden: "Ich habe Freunde im Gefängnis. Ich werde sie nicht enttäuschen. Ich habe Freunde, die gestorben sind. Ich werde sie nicht enttäuschen. Ich bin jetzt für jeden verantwortlich, den ich ermutigt habe, auf die Straße zu gehen. Ich werde nicht aufgeben", sagte er. "Ich bin sicher, meine Familie versteht das. Aber es ist eine schwere Entscheidung. Möglicherweise überantworte ich meine Verwandten heute Nacht der Folter." - Rami Nakhla ist kein Einzelfall in Syrien, nur zurzeit der prominenteste.

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