21. März 2011

Libyen: Die alte Frau in der Schlange

Vor etwa drei Wochen hatte das Regime jedem Libyer 500 Libysche Dinar (ca. 300 €) "spendiert", um sich beim Volk beliebt zu machen. Da zu der Zeit in Tripolis schon nichts mehr normal war, insbesondere nicht die Preise für Lebensmittel, haben auch viele Menschen das Geld genommen, die dem Regime nicht gerade nahestehen. Das Geld konnte man in jeder Bank abholen. In Libyen und auch in anderen arabischen Länder stehen Männer und Frauen in getrennten Schlangen für Dinge an. Folgendes soll sich dabei in Tripolis zugetragen haben.

Eine alte Frau, etwa Ende 70, stellt sich in die Schlange für die Männer. Nach einigem Zögern ob ihres Alters spricht ein Mann sie an: "Gute Frau, diese Schlange ist für die Männer. Die andere ist für die Frauen." Da antwortete die Alte laut und deutlich: "Nein, die Männer, die sind alle in Benghazi." Sofort wurde es ruhig und niemand wagte es, noch etwas zu sagen. Die Frau blieb in der Schlange und als die Reihe an sie kam, bekam sie ihr Geld und ging.

Zur Ehrenrettung der Männer (und Frauen!) von Tripolis sei gesagt: Sie sind mehrmals auf die Straße gegangen, unbewaffnet. Stets wurde auf sie scharf geschossen. In Tripolis offen gegen das Regime aufzutreten, ist zur Zeit fast immer Selbstmord.

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