3. März 2011

Ägypten: Premierminister Ahmed Shafiq zurückgetreten

Ahmed Shafiq hat seinen Rücktritt eingereicht, der vom Obersten Armeerat Ägyptens angenommen wurde. Nachfolger im Amt wird Essam Sharaf.

Der Rücktritt Shafiqs war in letzter Zeit eine zentrale Forderung der demokratischen Kräfte. Der geschäftsführende Regierungschef war noch von Mubarak eingesetzt worden. Zahlreiche Vorfälle haben den Kräften der Revolution gezeigt, dass die Aufgabe, ein demokratisches und freies Ägypten zu schaffen, noch lange nicht beendet ist. So wurden Demonstranten, die letzten Freitag nach Ende der Demonstration auf dem Tahrir-Platz in Cairo bleiben wollten, von Militärpolizei verjagt und teilweise festgenommen. Dabei wurden seitens des Militärs Schlagstöcken und Elektroschockgeräte eingesetzt. Ein Demonstrant wurde diese Woche von einem der berüchtigten Sondergerichte zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Ihm stand noch nicht einmal ein Verteidiger zur Verfügung. Gefangene, die im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die koptische Kirche in Alexandria am Neujahrstag verhaftet worden waren, müssen eigentlich laut einem Gerichtsbeschluss auf freien Fuß gesetzt werden, da kein Tatverdacht gegen sie besteht. Die Sicherheitsbehörden weigern sich aber, sie freizulassen. Dies ist nach dem Gesetzen des immer noch bestehenden Ausnahmezustandes möglich. Pikant daran ist, dass mittlerweile der ehemalige Innenminister Al Adly beschuldigt wird, hinter diesem Anschlag zu stecken. Während seiner Amtszeit wurden die offensichtlich Unschuldigen verhaftet. Während Zehntausende Ägypter aus Libyen fliehen und in Tunesien stranden, tut die Regierung zu wenig, um die Lage ihrer Landsleute zu verbessern oder sie aus Tunesien herauszuholen. Fast alle Initiativen, die den meist völlig mittellosen Flüchtlingen helfen, sind privat.

Im Falle von Ahmed Shafiq brachte wohl eine Talkshow das Fass zum Überlaufen, die gestern abend auf einem ägyptischen Sender lief. Zum ersten Mal war Shafiq direkt mit den Fragen von Oppositionellen konfrontiert. Ohne die sonst in Arabien übliche vorherige Absprache der Fragen mit dem Minister. Und er machte dabei keine gute Figur. Er bezeichnete die Institutionen der Staatssicherheit als "heilig" und jammerte rum, dass sich die Polizei kaum auf die Straße traue. (Bissiger Kommentar des Bloggers @sandmonkey dazu: "Polizisten, die zur Polizei gegangen sind, weil sie dann Leute schlagen und Bestechungsgelder annehmen können, sollten ihren Job kündigen, wenn jetzt die 'Spielregeln' geändert werden.") Die Aufhebung des Ausnahmezustandes wollte Shafiq erst nach den Wahlen, also in sechs Monaten, sehen. Fragen nach dem Verbleib des Außenministers, der wegen Untätigkeit in der Libyenkrise unter schwerem Beschuss steht, wich er aus. Wie er auch anderen Fragen auswich.

Essam Sharaf, der neue Premierminister, ist ein Wunschkandidat der Opposition; und zwar von der "Koalition der Revolutionären Jugend" bis hin zur Muslimbruderschaft. Er war von 2004-2005 Transportminister des Landes. Er trat nach einem schweren Zugunfall zurück, denn nach seiner Aussage waren die allgegenwärtige Korruption und mangelnde Finanzmittel für die Verkehrsinfrastruktur Gründe für dieses Eisenbahnunglück. Im Januar und Februar dieses Jahres fand man ihn dann auf Seiten der Demonstranten gegen Mubarak.

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